Alexandrien übernimmt von Moskau das ostkirchliche Schwergewicht


 

Neuanlauf beim Dialog der griechisch-orthodoxen mit der katholischen Kirche

 

Von Heinz Gstrein

 

Alexandria. Die gegenwärtige Session der Gemischten Internationalen Kommission für den Theologischen Dialog zwischen der griechisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche am Sitz des Patriarchats von Alexandrien hat Außenseiter überrascht. Die Einberufung der 24 orthodoxen und 18 katholischen Theologinnen und Theologen vom 1. bis 7. Juni wurde von Seiten des alexandrinischen Patriarchen Theodoros II. von Alexandrien erst am Vortag bekanntgegeben. Diese Diskretion dürfte mit Spaltung der Orthodoxie über die Herauslösung der Ukraine aus dem Verband der russischen Kirche durch den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. zusammenhängen. Auf diese hat das Patriarchat Moskau mit einem Boykott aller von Konstantinopel geleiteten oder auch nur als Ko-Präsident bevorsitzten ökumenischen Kommissionen geantwortet. Das betraf gezielt den orthodox-katholischen Dialog, an dem die Russen seit Chieti 2016 nicht mehr teilnahmen und so ihr ganzes Gewicht als wichtige, wenn oft auch störende Dialogpartner in die Schale warfen, um das Zusammenrücken von Rom und Konstantinopel zu stören. Stattdessen wird nun der Dialog im zweitwichtigsten, gesamtafrikanischen orthodoxen Zentrum Alexandrien fortgeführt, das sich in seinen Missionsgebieten gezielter Abwerbung von Schwarzafrikanern in die Jurisdiktion Moskaus ausgesetzt sieht.

 

 

 

 

Es ist noch zu früh, um fachtheologische Ergebnisse von Alexandrien zu beurteilen. Diese wollen sich in Weiterführung von Chieti mit der Verflochtenheit von Synodalität und Primat im ersten Jahrtausend mit demselben fruchtbaren Spannungsverhältnis bis in die Gegenwart beschäftigen. Davon abgesehen liegen aber von dieser 15. Kommissionssitzung schon ökumenische Erklärungen und Gesten vor, die den festen Willen von Orthodoxen und Katholiken aufzeigen, auf dem Weg zur Wiedervereinigung voran zu schreiten.

 

Das zeigte sich schon bei der Eröffnungssitzung dieser Dialogsession im Thronsaal des alexandrinischen Patriarchenpalastes durch Theodoros II. Seine Vorgänger trugen als erste in der „eine Kirche des ersten Jahrtausends“ auch den Titel „Papst“, der später erst wie die Reliquien des hl. Markus aus Alexandria in die westliche Kirche gewandert ist. Der römische Papst Theodor II. hatte 897 nur drei Wochen den Stuhl Petri innegehabt, sich aber große Verdienste zur Beilegung der damaligen kirchenpolitischen Wirren in den Frankenreichen erworben. Ein gutes Omen für Papst-Patriarch Theodoros II., der in diesen Tagen beim Dialog zur Überwindung des „großen Schismas“ von 1054 den Vorsitz führt. Er wurde 1954 als Nikolaos Chorevtakis auf Kreta geboren und wurde als 18Jähriger Mönch, studierte in Athen und Saloniki Theologie und erhielt 1978 die Priesterweihe. Er trat in den Klerus von Alexandrien ein und vertrat dieses in  den 1980er Jahren beim russischen Patriarchat mit Sitz in Odessa, nach der Wende bis 1997 bei der Orthodoxen Kirche von Griechenland. 1997 wurde er Missionsbischof für Kamerun, 2002 in Zimbabwe. Ab 2004 ist er Nachfolger des bei einem Hubschrauberabsturz nahe dem Athos umgekommenen Papst-Patriarchen Petros VII. und damit in der orthodoxen Kirchenstruktur auch „Wächter der Ökumene“. Er hat die ersten orthodoxen Diakoninnen seit der Frühkirche geweiht, am 21. Januar 2023 traf er in Rom zur Gebetswoche für die Einheit der Christen im römischen Sant´Egidio mit Papst Franziskus zusammen, der das Brustkreuz von Theodoros II. küsste: Ein vielversprechender Auftakt zum Dialog in Alexandria.

 

 

 

 

In der Eröffnungsrede hieß Theodoros II. seinen katholischen Mitvorsitzenden Kardinal Kurt Koch und dessen theologische Begleitung „auf das Wärmste“ willkommen. Und zwar im Namen des alexandrinischen Patriarchats „mit seiner langen Geschichte und vielversprechenden Zukunft: „Es ist allgemein anerkannt, dass der theologische Dialog gepflegt, vorangeführt werden muss, auf allen Stufen mit Aufrichtigkeit, Ehrerbietung und gegenseitigem Respekt. Kontakte, Gespräche, Verständigung untereinander und Dialog sind integrale Bestandteile der Orthodoxen Kirche. Der Weg des theologischen Dialogs unserer beiden Kirchen bis um heutigen Tag hat uns gezeigt, dass dabei von Anfang an gegenseitiges Vertrauen und guter Willen gezeigt werden müssen, Voraussetzungen von Freiheit und Liebe. Das ist sehr wichtig.“

 

Mehr als alle Worte besagte dann das katholische Gastgeschenk: „Einheitskardinal“ Kurt Koch überreichte Theodoros II. eine Kopie des vom großen Bildhauer Gian Lorenzo Bernini 1657 geschaffenen Grundsteins für den Petersplatz. In seiner Schenkungsadresse wies Koch darauf hin, dass derartige Geschenke in der Regel nur vom Heiligen Vater persönlich überreicht werden.

 

 

 

 

Erster großer Höhepunkt bei der Demonstration des Einheitswillens der gesamten Dialogkommission, von Katholiken wie Orthodoxen, war dann die gemeinsame Teilnahme an der Abendmesse in der römisch-katholischen Katharinen-Kathedrale von Alexandria. Dort hatte auch der abgedankte italienische König Vittorio Emanuele III. von 1947 bis 2017 seine letzte Ruhe gefunden, was die imposante Kirche jahrzehntelang zu einem Wallfahrtsort für Italiens Monarchisten machte. An diesem 3. Juni feierte Kardinal Kurt Koch die eucharistische Liturgie. In der Predigt gab er seiner Freude Ausdruck, dass diesmal der orthodox-katholische Dialog in der Stadt Alexanders des Großen, des hl. Markus, führender Apostolischer und Kirchenväter, an der Wiege des christlichen Mönchtums abgehalten werden könne. In der Kommissionshälfte von Kardinal Koch, wo Italiener und Franzosen den Ton angeben, fällt als einziger Schweizer auf der frühere Fribourger Theologe und Philosoph aus dem Dominikanerorden, Charles Morerod, heute Bischof der Dreierdiözese Lausanne-Genf-Fribourg, wo er sich mit der Missbrauchs-Hysterie herumschlagen muss, statt den hl. Thomas von Aquin und die orthodoxe Scholastik zu durchforsten. Alexandria ist für ihn gewiss ein willkommener Arbeitsurlaub…

 

Unter den orthodoxen Dialog-Beauftragten, von denen gewichtige Stimmen wie des ökologischen Ökumenikers Ioannis Zizioulias tödlich verstummt sind, gibt es auch vielversprechende Neuankömmlinge: So vom Ökumenischen Patriarchat Metropolit Maximos Vgenopoulos von Silyvria (heute: Silivri). In dieser westlichen Vorstadt von Istanbul gibt es nach Vertreibung der orthodoxen Griechen und Armenier heute nur wieder eine „brave“ Gemeinde von vorwiegend Frauen aus dem ehemaligem Ostblock, die sich als Hausbesorgerinnen und im Gastgewerbe durchschlagen. Sie lassen ihm Zeit, sich weiter mit seinen Studien zu „Der Primat in der Kirche vom Ersten zum Zweiten Vatikanum – Eine orthodoxe Perspektive“ zu beschäftigen, wie schon der Titel seiner Belgrader Dissertation gelautet hat. Das ist ein Thema, das zurzeit ja nicht nur den katholisch-orthodoxen Dialog, sondern ebenso die katholische Kirche in Deutschland beschäftigt.

 

 

 

 

 

Natürlich machte sich in Alexandria von Anfang an bemerkbar, dass wichtige orthodoxe Stimmen im Dialog seit der kirchlichen und seit einem Jahr auch militärischen Ukrainekrise verstummt sind. Dabei ist weniger an die Russen zu denken, die seit der Wende längst mehr politisch wie theologisch Dialog führten, als an die Serben. Diese stellen seit der Erneuerung des theologischen Denkens noch unter Tito, vor allem dank Justin Popovic, eine vielbeachtete Vision innerhalb der orthodoxen Kirchenfamilie und für die Ökumene in den Raum, deren Fehlen sich bei dieser Dialogrunde auswirken muss. In geringerem Maß gilt das auch für die seit Gründung ihrer eigenen Hochchule im libanesischen Balamand aufstrebende antiochenische Theologie. Es ist nur gut, dass die spirituell tiefgründigen Rumänen trotz anderer Rücksichtnahmen auf Moskau in Alexandria nicht ferngeblieben sind.

 

Wenn hingegen die politisch mit Moskau liebäugelnden Kirchen von Jerusalem, Polen, Albanien sowie bei einem Teil ihres Episkopats auch Zypern und Georgien am theologischen Dialog festhalten, hat das keine sachliche, sondern nur optische Bedeutung. Ausgenommen den zyprischen Bischof Basilios Karayannis, zuständig für das türkisch besetzte Famagusta, der sich zwischen 1978 und 1991 in Fribourg und Genf aufgehalten hat, von der Catholica Union ein Stipendium bekam und beim späteren Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn über „Wesen und Energien Gottes“ promovierte. Diese Frage steht zwar zurzeit noch hinter Primat und Synodalität im Hintergrund, wird aber einen Metropoliten Basilios Karayannis brauchen, sobald sich der Dialog dem westlichen und dem ostkirchlichen Gottesbild Zuwendet.

 

 

 

 

Diese Auseinandersetzung um den so genannten Palamismus hatte im Spätmittelalter die geistliche Kluft zwischen Ost und West nach dem formellen „Schisma“ erst so richtig aufgerissen.

 

Fotos: Patriarchat von Alexandria.

 

 

 

 

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